Jugendamt-Team kündigt geschlossen: Wie wirkt sich das auf den Stadtteil aus?

Das gesamte Stadtteil-Team West des Allgemeinen Sozialen Dienstes des Jugendamtes hat kürzlich gekündigt – es würde aber nicht spürbar fehlen, meint eine Sozialarbeiterin.

Gießen – »Das war natürlich ein Paukenschlag«, sagt Andreas Schmidt, der Leiter der offenen Kinder- und Jugendarbeit der Diakonie. Und auch seine Kollegin Diana Schwarz, die Leiterin der Kindertagesstätte im Leimenkauter Weg, erinnert sich: »Ich habe es selbst erst aus der Presse erfahren und war überrascht.« Dass das Stadtteil-Team West des Allgemeinen Sozialen Dienstes (ASD) des Jugendamtes geschlossen kündigen würde, damit hatte in der Gemeinwesenarbeit Gießen-West niemand gerechnet.

Man könne jedoch nachvollziehen, dass die Mitarbeiter durch die »Herausforderungen des Sozialraumes« in der Weststadt besonders belastet wurden, erklärt Schmidt. Für die Arbeit der Pädagogen und Sozialarbeiter haben sich bis jetzt jedoch keine Probleme dadurch ergeben, dass das Stadtteil-Team nicht mehr da ist. Alina Georg, die Sozialarbeiterin bei der Tafel Gießen, erzählt, dass Anliegen beim ASD unterhalb der Schwelle zur Kindeswohlgefährdung gerade längere Wartezeiten haben.

Gemeinwesenarbeit Gießen-West gut vernetzt im Quartier

Die Gemeinwesenarbeit im Wilhelm-Liebknecht-Haus kümmert sich auf vielfältige Art und Weise um die Menschen im Quartier. Hier befindet sich eine Kindertagesstätte genauso wie eine Hausaufgabenbetreuung, ein Jugendclub genauso wie eine Beratungsstelle für Erwachsene. Und wie Schmidt sagt, sei es bei der Arbeit in der Vergangenheit auch immer wieder vorgekommen, dass Mitarbeiter der Einrichtung das Jugendamt kontaktieren mussten. Ute Kroll-Naujoks, die stellvertretende Leiterin des Diakonischen Werkes, sagt: »Wir sind deswegen auch gut vernetzt zur Leitung und zum ASD.«

Seitdem das Stadtteil-Team gekündigt habe, sei es jedoch noch nicht nötig gewesen, zum ASD Kontakt aufzunehmen. Kroll-Naujoks sagt: »Die Katastrophe ist ausgeblieben.« Es habe keine Fälle von Kindeswohlgefährdung oder ähnliches gegeben. »Aber wenn etwas wäre, hätten wir auch sehr kurze Wege zum Jugendamt.«

Die Arbeit im Wilhelm-Liebknecht-Haus setze jedoch schon weit vor solchen Interventionen an. So pflege man sehr gute Kontakte zu den einzelnen Schulen im Stadtteil. »Und die Schulleiter melden sich bei uns, wenn sich eine Kindeswohlgefährdung anbahnt«, erklärt Schmidt. Die Angebote der Gemeinwesenarbeit für Schulkinder seien auch besonders niederschwellig. »Und wir halten dabei einen engen Kontakt zu den Eltern«, sagt Kroll-Naujoks.

Gemeinwesenarbeit: Strukturen in Gießen-West nehmen Druck vom Kessel

Dass man dadurch die Arbeit des Jugendamtes auffängt, will die stellvertretende Leiterin der Diakonie damit nicht sagen. Das Jugendamt mache seine Arbeit und die Gemeinwesenarbeit übernehme ihren Part. »Ein Stadtteil ohne so eine Anlaufstelle hätte da aber sicher andere Bedürfnisse.«

»Die Strukturen, wie sie im Stadtteil gewachsen sind, nehmen Druck vom Kessel«, pflichtet Schmidt bei. Und doch würde man sich darüber freuen, wenn es wieder ein Stadtteil-Team West oder etwas ähnliches geben würde. Schwarz sagt: »Es wäre schön, wenn man bekannte Ansprechpartner hätte. Die gibt es zur Zeit ja nicht.«

Gemeinwesenarbeit Gießen-West sorgt für Verbesserung der Lebensumstände

Alina Georg, die Sozialarbeiterin bei der Tafel Gießen in der Weststadt, hat dabei die Erfahrung gemacht, dass manche Anliegen beim ASD gerade eine längere Wartezeit haben. Georg erinnert sich an einen Fall, bei dem sie die Familienverhältnisse pädagogisch abklären lassen wollte. »Ich war mir nicht sicher, wie die Situation zu Hause war.« Der Sozialarbeiterin sei jedoch gleich gesagt worden, dass das dauern werde, und schließlich habe der Hausbesuch durch die Mitarbeiter des Jugendamtes erst nach Wochen stattgefunden.

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..